Immer wieder schreiben Mädchen und Jungen, die bei den Schwestern Maria zur Schule gehen, ihre Lebensgeschichte auf. Diese sind leider so oft geprägt von Kindheitserlebnissen, die ein Schlaglicht auf das Elend der Armut werfen. Diesmal berichtet Ihnen die 17-jährige Camile aus der Girlstown Talisay auf den Philippinen.
Ich bin das vierte von sieben Kindern, aufgewachsen auf der Insel Masbate, wo die meisten Menschen von der Landwirtschaft leben. Wir waren immer arm, unsere Holzhütte hatte nicht mal ein dichtes Dach. Ich ging noch nicht zur Schule, als mein Vater uns verließ. Er wolle sich eine bessere Arbeit suchen, sagte er zu uns. Dabei hatte er schon längst eine neue Freundin und zog mit ihr auf eine weit entfernte Insel.
Ich habe damals viel geweint, auch weil mich die Kinder aus der Nachbarschaft hänselten und mich mein Vater nicht verteidigen konnte. Unsere Mutter war verzweifelt, hatte sie ihrem Mann so etwas doch nie zugetraut. Wir hatten kaum noch Geld und so mussten wir uns sogar den Reis bei Nachbarn leihen oder erbetteln.
Meine Mutter suchte eine andere Arbeit, mit der sie uns Kinder durchbringen konnte. Ich wurde eingeschult, ging aber schon in der 1. Klasse mit aufs Feld und nicht mehr in den Unterricht. Nach einem Jahr ging es uns dann ein wenig besser und ich konnte wieder regelmäßig zur Schule gehen. Aber die Kameraden ärgerten mich, weil mein Vater abgehauen war. Ich wollte es ihnen zeigen und meiner Mutter eine Freude machen und so strengte ich mich besonders an. Schon im ersten Zeugnis erhielt ich ein Lob und bekam das fünfbeste Zeugnis. In den folgenden Jahren wurde ich sogar noch besser und meine Mutter war stolz auf mich.




Als ich in der 6. Klasse war, erfuhr ich von den Schulen der Schwestern Maria. Allerdings fand der Test nicht in unserem kleinen Dorf statt. Ich beschloss, dort nicht hinzugehen und nach meiner Schulzeit bei uns im Dorf zu bleiben und mir auf den Feldern eine Arbeit zu suchen. Aber meine Mutter und meine Tante redeten mir gut zu, sie zwangen mich fast, zu dem Treffen mit den Schwestern zu gehen.
Ich war so aufgeregt, als ich zu dem Treffpunkt kam. Meine Angst verflüchtigte sich dann aber schnell, als ich die einfachen Fragen des Tests las und gut beantworten konnte. Zwei Tage später besuchten uns die Schwestern dann in unserer Hütte und ich hatte große Angst, etwas Falsches zu sagen oder zu tun. Kurze Zeit später wusste ich, dass ich bald in die Girlstown Talisay gehen durfte. Welche eine große Freude.
Angekommen bei den Marienschwestern durfte ich so viel Neues lernen. In der Nähwerkstatt habe ich bereits Taschen, kurze Hosen und Schuluniformen genäht. Beim technischen Zeichnen am Computer durfte ich Häuser entwerfen und konnte erste Dinge am Computer programmieren. Es gibt hier so viele Möglichkeiten unser Wissen zu erweitern. In der Bücherei stehen uns viele Regale voller Bücher zur Verfügung und auch das Recherchieren im Internet ist dort möglich. Mittlerweile bin ich gerne zum Englischunterricht im Sprachlabor, auch wenn es am Anfang schon ungewohnt war, mit Kopfhörer in ein Mikrofon zu sprechen und dann plötzlich die Stimme des Lehrers zu hören.
Ich kam als naive Siebtklässlerin hier an und gehe mittlerweile in die 11. Klasse. Diese Schule ist mein Schlüssel, um meine Träume erfüllen zu können. Ich bin eine Gesegnete unter den vielen Armen in diesem Land, weil ich hier leben darf. Dafür bin ich Gott und den Schwestern dankbar. Sie richten mich wieder auf, wenn ich am Boden liege, sie geben mir Hoffnung, wenn ich verzweifelt bin und stehen an meine Seite, wenn ich krank bin oder zweifle.
Mein Dank gilt auch den Spendern, die uns unterstützen, obwohl sie uns gar nicht kennen. Ich wünsche und hoffe, dass Sie auch weiterhin für die Menschen geben, denen es nicht gut geht. Wir können es Ihnen materiell niemals zurückgeben, aber spirituell. Denn wir beten jeden Tag für Sie und bitten um Gottes Segen.